Die Zukunft der Trinkwasserversorgung
Herr Bauer, dieser Sommer in Deutschland gleicht schon einem südländischen Sommer. Wie wirkt sich das auf die Trinkwasserversorgung in Görlitz aus?
Trotz der anhaltenden warmen Temperaturen verzeichnen wir in Summe keine außerordentlichen Veränderungen im Trinkwasserverbrauch im Vergleich zu den Vorjahren. In der Regel verbrauchen die Görlitzer in den Sommermonaten im Schnitt rund 2500 Kubikmeter Trinkwasser mehr pro Tag.
Dieser Wert weist in den letzten Wochen jedoch eine Erhöhung auf. Betrachtet man den August 2018 (Trinkwasserverbrauch bis zum 23.08.2018) zum August 2017, so wurden rund 20 Prozent mehr Trinkwasser verbraucht.
Das heißt trotzdem, die Görlitzer müssen sich um die Versorgung mit Trinkwasser keine Gedanken machen?
Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet und die Trinkwasserressourcen stehen, trotz der Trockenheit, uneingeschränkt zur Verfügung.
Sie sprechen von ausreichenden Trinkwasserressourcen. Woher stammt unser Görlitzer Trinkwasser?
Wir fördern das Wasser aus dem sogenannten Grundwasserleiter. Das Grundwasser gelangt mithilfe spezieller Brunnen in das Wasserwerk und wird dort in einem mehrstufigen Verfahren zu Trinkwasser aufbereitet. Die Brunnen, die das Grundwasser fördern, befinden sich hinter dem Wasserwerk Weinhübel, im Naturschutzgebiet. Durch regelmäßige Pegelmessungen wird der Stand des Grundwasserleiters kontrolliert. Aktuell bestehen keine Auffälligkeiten.
Stichwort Klimawandel: Betrachtet man die letzten 30 Jahre, haben sich die Jahres-Mittelwerte in Görlitz erhöht. Die Wettererscheinungen werden zum Teil immer extremer. Anhaltende Dürre, starke Unwetter, Platzregen…Welche Auswirkungen hat das auf ein Trinkwasserversorgungsunternehmen wie die SWG AG?
Der Klimawandel hat derzeit noch keinen maßgeblichen Einfluss auf die Trinkwasserversorgung in Görlitz. Doch langfristig betrachtet müssen wir uns auch auf die Klimaveränderungen einstellen. Wir beschäftigen uns bereits seit einem längerem Zeitraum damit, wie wir die Zukunft der Trinkwasserversorgung ausrichten können. Welche Möglichkeiten zur Trinkwasserförderung könnten uns als Alternative dienen oder wie müssen wir unsere Netze anpassen, um Wetterextreme abzufedern.
Doch nicht nur die klimatischen Bedingungen beschäftigen uns, auch der demografische Wandel in Görlitz stellt uns vor Herausforderungen. So wurde das Trinkwassernetz, welches vor 140 Jahren in seinen ersten Zügen gebaut wurde, ursprünglich für 100 000 Einwohner ausgelegt. Heute wird damit etwas mehr als die Hälfte der Einwohner an 365 Tagen, rund um die Uhr mit dem kühlen Nass versorgt. Um die Trinkwasserversorgung in gewohnter und lückenloser Qualität auch für die zukünftigen Generationen gewährleisten zu können, sind Netzanpassungen verbunden mit hohen Investitionen notwendig: So wurden in den letzten drei Jahren rund 16 Millionen Euro in das Trink- und Abwassernetz investiert.
Mikroplastik, Medikamentenrückstände & Co. Alle reden über das Thema. Inwiefern spielt das Thema eine Rolle bei der SWG AG?
Eine weitere hohe Herausforderung die uns in der Trinkwasserversorgung begleiten wird. Wir haben für das Wasserwerk Weinhübel eine Langfristplanung bis zum Jahr 2025 erarbeitet. Im ersten Schritt werden die Brunnen erneuert, im zweiten die Wasseraufbereitung entsprechend qualitätssichernd angepasst.
Die Brunnen befinden sich, wie beschrieben, hinter dem Wasserwerk in der Neißeaue. Hierher kommt der Ursprung jenes Wassers her, das später bei den Görlitzern zu Hause in Trinkwasserqualität aus dem Hahn fließt. Dass die Neißeaue regelmäßig vom Hochwasser betroffen und überschwemmt ist, ist bekannt. Um einen Eintrag von schadstoffhaltigen Oberflächenwasser zu verhindern, wurden die Brunneneinstiege erhöht. Das bedeutet eine erste wichtige Barriere. Wir verbessern unsere Wasseraufbereitung durch diesen Präventionsschritt.
Dieser Schritt ist nicht nur mit hohen Investitionen verbunden, sondern beansprucht gleichermaßen Zeit. Zukünftig sollen, noch bevor aus dem Rohwasser Eisen und Mangan herausgefiltert werden, bei Bedarf über eine weitergehende Reinigungsstufe Trübstoffe abgetrennt – und später auch Mikroschadstoffe, wie beispielsweise Arzneimittelrückstände und Mikroplastik mittels Ultrafiltration eliminiert werden.
Das wichtigste in der Diskussion um Arzneimittelrückstände und Mikroplastik ist jedoch für uns, dass die aktuellen Untersuchungen bestätigten, dass es, bezogen auf die qualitativ sichere Wasserversorgung in Görlitz und der Region, keinen Grund zur Sorge gibt. Da wir jedoch beobachten, dass andere Städte in Deutschland damit zum Teil schon Probleme haben, müssen wir uns damit beschäftigen und für die Zukunft wappnen.
Unabhängig davon, sollte aber allein in Hinblick auf vorsorgenden Umwelt- und Gesundheitsschutz der Eintrag von Arzneimitteln in die Umwelt so gering wie möglich sein. Denn Stoffe, die gar nicht erst in den Wasserkreislauf gelangen, müssen auch nicht aufwändig entfernt werden.
Wer überprüft die Qualität des Trinkwassers?
Die Sicherstellung der Trinkwasserqualität ist eine unserer wichtigsten Aufgaben. Deshalb entnehmen Mitarbeiter der Stadtwerke regelmäßig Proben an den Wasserwerken und im Versorgungsnetz und überprüfen diese nach strengen Richtwerten im eigenen akkreditieren Umweltlabor. 2017 wurden allein 64 Trinkwasserproben vom Abgang der Wasserwerke Görlitz und Reichenbach mikrobiologisch und chemisch analysiert, weitere 270 Proben aus dem Verteilungsnetz der SWG AG sowie tausende Untersuchungen auf Legionellen. Zusätzlich wird vier Mal im Jahr das Trinkwasser am Ausgang des Wasserwerks Weinhübel auf Herz und Nieren geprüft, inklusive Überprüfung durch das Gesundheitsamt Görlitz. Nur ein solch engmaschiges Netz an Kontrollen sichert die Qualität.
Zum Abschluss gönnt sich der Trinkwasserexperte direkt ein Glas seines eigenes hergestellten Trinkwassers und ergänzt dabei „ich bin mir sicher, dass wir mit unserer Expertise und langjährigen Erfahrung auch die Zukunftsthemen und Herausforderungen, die uns im Trinkwasserbereich beschäftigen werden, meistern werden und wir auch zukünftig unseren Bürgerinnen und Bürgern qualitativ hochwertiges Trinkwasser zur Verfügung stellen.