Das grenzüberschreitende Vorhaben UNITED HEAT, eine Kooperation zwischen den Stadtwerken Görlitz (SWG) und dem polnischen Wärmeversorger SEC Zgorzelec, gewinnt zunehmend an Dynamik und kann schon einige wichtige Meilensteine verzeichnen.
Dekarbonisierte Fernwärme über Landesgrenzen hinweg – diese Vision wollen Görlitz und die polnische Schwesterstadt Zgorzelec bis 2030 Realität werden lassen. Maßgeblich an der Planung beteiligt sind die Stadtwerke Görlitz und der polnische Fernwärmeversorger SEC Zgorzelec. Ihr Projekt UNITED HEAT kombiniert vielfältige Ressourcen und innovative Erzeugungstechnologien, um künftig die Wärmeversorgung zu dekarbonisieren und um sie zu jeder Zeit sicherzustellen.
Hierfür wollen beide Städte in der Mitte Europas ihre Fernwärmeinfrastruktur miteinander verknüpfen – für mehr Sicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit. Mit Blick auf die Dekarbonisierung der Energiesysteme sollen die Wärmenetze bis 2030 nicht nur zusammengeschlossen, sondern auch komplett auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden.
Mit dem grenzüberschreitenden Projekt wird die Europastadt im Wärmesektor aktiv, der einen Großteil des CO2-Ausstoßes verursacht. Das Beispiel der Europastadt zeigt, wie Kommunen den Weg hin zu einer CO2-freien Energieversorgung gehen und damit einen substanziellen Beitrag zu Energiewende und Klimaschutz leisten.
In Görlitz existieren derzeit vier separate Fernwärmegebiete, die ihre Energie hauptsächlich aus Erdgas beziehen. Im benachbarten Zgorzelec gibt es ein einzelnes Fernwärmenetz, das mittels Verbrennung von Braunkohle betrieben wird, wobei Erdgas als ergänzende Energiequelle dient.
Diese Systeme verursachen zusammen einen jährlichen Ausstoß von 50.000 Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Das erklärte Ziel ist es, diese Emissionen bis zum Jahr 2030 vollständig zu eliminieren und somit eine CO2-neutrale Fernwärmeversorgung in beiden Städten zu erreichen.
2020 haben die Bürgermeister beider Städte eine Absichtserklärung für das Projekt „UNITED HEAT - Klimaneutrale Fernwärme für die Europastadt“ unterschrieben; seitdem treiben die Stadtwerke Görlitz gemeinsam mit SEC Zgorzelec die Planung von UNITED HEAT intensiv voran. „Konsequent setzen wir die Bestimmungen des Vertrags von vor vier Jahren um, damit Bürgerinnen und Bürger unserer Städte schon bald ihre Häuser mit der klimaneutral erzeugten Fernwärme beheizen können“: sagt Rafał Gronicz, Bürgermeister von Zgorzelec und fügt hinzu: „Das zeigt, dass wir die Energiewende in unseren Regionen ernst nehmen und uns für die Zukunft unserer Städte verantwortlich fühlen.“
Die Konzeptphase einschließlich der notwendigen Fördermittel-Akquise im Rahmen der Modellierung des Projektes ist nun in weiten Teilen abgeschlossen, so dass 2025 die Umsetzung der ersten Baumaßnahmen beginnen wird.
Das Konzept sieht vor, dass alle fünf Fernwärmegebiete miteinander verbunden werden. Zwölf Kilometer Fernwärme-Leitungen werden hierfür benötigt. Durch die Entstehung dieses größeren, grenzüberschreitenden Netzes, können die Fernwärmeversorger künftig effizienter und flexibler Fernwärme aus unterschiedlichen, klimaneutralen Technologien erzeugen. Ein Drittel des Fernwärmebedarfs der gesamten Europastadt soll ab 2030 mittels Wärmepumpen gedeckt werden. Hierfür wird Wärme aus dem Berzdorfer See und dem gereinigten Abwasser der Kläranlage „Nord“ in Görlitz, entnommen. 17% der Fernwärme entsteht aus Solarthermie in Kombination mit saisonalen Wärmespeichern. 48% kommt aus Biomasse. Wobei der Anteil der Biomasse für Görlitz stets unter 25% sein wird. Dass der Anteil von Biomasse in Zgorzelec deutlich höher ist als in Görlitz hat Gründe: in Polen wird eine sehr viel höhere Vorlauftemperatur benötigt als in Deutschland, was den Einsatz von Wärmepumpen und Solarthermie bei kalten Temperaturen begrenzt. Für die noch restlichen zwei Prozent kommen Abwärmenutzung und Power-to-Heat (Wärmeproduktion aus Strom) zum Einsatz.
Um das Projekt erfolgreich umsetzen zu können, haben die Stadtwerke Görlitz AG (SWG) und ihr polnischer Partner SEC Zgorzelec bereits Anfang 2024 erste Förderanträge im Rahmen des Projekts bei der EU eingereicht. Dabei ging es zum einen um die Planungskosten für das Gesamtprojekt, aber auch bereits um den Bau von konkreten Anlagen und Leitungen. Auch Anträge für die nationale Förderung durch die BEW wurden im vergangenen Jahr gestellt. Die Rückmeldungen zu den Unterstützungsanfragen durch die EU und auch durch den Bund waren sehr positiv und sicherten den höchsten Fördermittelbetrag zu. Nur wenige Vorhaben EU-weit konnten sich bisher für eine Förderung im Rahmen des Programms Connecting Europe Facility (CEF) qualifizieren.
Einen weiteren Förderantrag reichten beide Unternehmen erst vor Kurzem im Januar 2025 für die nächsten Erzeugungsanlagen und Verbindungsleitungen im Rahmen des Projekts bei der EU ein. Eine Antwort wird für den Sommer erwartet.
Die Zusagen der Fördermittel sind eine zwingende Voraussetzung für die Umsetzung des Projektes UNITED HEAT.
„Die finanzielle Unterstützung von EU und Bund ist unerlässlich, um in unserer Region eine klimafreundliche Wärmeversorgung zu realisieren und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit unserer Preise zu gewährleisten", erklärte Matthias Block, der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Görlitz AG. Er fügte hinzu: "Ohne diese finanzielle Unterstützung stünden wir vor der enormen Herausforderung, einerseits den Wärmesektor CO2-neutral zu gestalten und andererseits die Kosten für unsere Kunden in einem vertretbaren Rahmen zu halten.“
Kürzlich erwarb die Stadtwerke Görlitz AG ein 37 Hektar großes Areal im Gewerbegebiet „An der Autobahn“ nahe Hornbach. Dieses Gelände ist für die Installation von Solarmodulen und die Errichtung eines saisonalen Erdbeckenspeichers vorgesehen.
Noch in diesem Jahr sind auf deutscher Seite weitere Maßnahmen geplant: In der zweiten Jahreshälfte beginnen die Arbeiten zur Integration und Erweiterung von Klärgasspeichern. Zudem wird mit dem Bau des ersten Kilometers der Verbindungsleitung zwischen dem Blockheizkraftwerk in Görlitz Königshufen und der Görlitzer Kläranlage „Nord“ begonnen.
Parallel dazu ist auf polnischer Seite der Baubeginn eines Biomasseheizwerkes als erste Maßnahme vorgesehen, welcher ebenfalls noch in diesem Jahr erfolgen soll.
Für die Umsetzung des Projektes wurde eine deutsch-polnische Arbeitsgruppe gegründet. Diese setzt sich aus Spezialisten der beteiligten Unternehmen und deren Anteilseignern zusammen. Grzegorz Bicki, der Vorsitzende der Geschäftsführung der SEC Zgorzelec Sp. z o.o. unterstreicht die Besonderheit dieses Unterfangens: "Ein Vorhaben dieser Tragweite ist alles andere als Routine. Wir sind äußerst dankbar, dass wir auf das umfassende Know-how der Veolia-Gruppe und E.ON zugreifen können. Die tatkräftige Unterstützung unserer Kollegen ist dabei von unschätzbarem Wert."
Das Projekt UNITED HEAT wird von einem multinationalen Team vorangetrieben. Etwa 30 Fachkräfte aus verschiedenen Ländern bringen ihre Expertise ein und arbeiten mit Hochdruck an der Realisierung dieses zukunftsweisenden Vorhabens.
Mit dem Projekt UNITED HEAT nehmen beide Städte und ihre Fernwärmeversorger eine Vorreiterrolle ein. „Mit der Entscheidung im Jahr 2020, uns auf den Weg zu einer gemeinsamen Fernwärmeversorgung zu machen, haben wir als Europastadt Görlitz/Zgorzelec in Europa eine Vorreiterrolle angenommen. Diese wird international gesehen und auch finanziell durch Bund und EU unterstützt. Die Herausforderung liegt dabei einerseits in der grenzübergreifenden technischen Infrastruktur und andererseits in der Ausgestaltung der Energiepreise, durch die den Bürgerinnen und Bürgern keine Nachteile entstehen sollen“, sagt Octavian Ursu, Oberbürgermeister der Stadt Görlitz.
Durch den Bau der neuen Fernwärmeleitungen können auch neue Stadtteile an die Wärme angeschlossen werden. Eine wichtige Information für Gebäudeeigentümer mit Hinblick auf das Gebäudeenergiegesetz, was den Einsatz von erneuerbaren Energien bis 2028 im Wärmebereich fordert. „Im Rahmen dieses Projektes haben wir ein starkes Team mit tiefgründiger Expertise im Bereich der klimaneutralen Wärmeversorgung aufgebaut. Dadurch sind wir in der Lage neben der Fernwärme, auch einzelne, dezentrale Wärmelösungen für Gebäude zu entwickeln, die auch künftig nicht an die Fernwärme angeschlossen werden können“, so Matthias Block.